Jörg Birkhold über das Euronics-Projekt
Lieber Jörg, schön, dass wir Zeit finden. Du hast kürzlich ein großes Projekt mit deinem Kunden Euronics abgeschlossen über das wir heute sprechen wollen. Wie kam der Kontakt zustande?
Der Kontakt mit Euronics kam auf Empfehlung eines früheren Kunden von mir zustande, der mit dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater von nowinta geschäftlich in Verbindung steht. Der Vorstand von Euronics hat den Wirtschaftsprüfer bei Entwicklung der Sachlage kontaktiert und mitgeteilt, dass sie Unterstützung und Beratung benötigen, da sie mit ihren bisherigen Bankpartnern in Diskussion kommen.
Von welcher Art Diskussionen sprichst du hier?
Euronics hatte eine Finanzierungsstruktur, die bis dato ausreichend war und funktioniert hat. Eine der Hausbanken hatte ein internes Problem und hat dieses dazu genutzt, um die Kreditlinie bei Euronics in Frage zu stellen. Das war die Initialzündung: Daraufhin wurde die gesamte bestehende Finanzierungstruktur seitens des Vorstandes auf den Prüfstand gestellt. Man hat sich die Frage gestellt: „Wenn ein externer Vorgang so einen Einfluss hat, was heißt das für die Unternehmensgruppe? Sind wir im Bereich Finanzierungen für die Zukunft abgesichert?“
Und an dieser Stelle hat deine eigentliche Arbeit begonnen, oder?
Ja, der Vorstand hat mich befragt, wie ich die Sache angehen würde. Innerhalb von 48 Stunden wurden außerdem weitere Beratungsfirmen dazu befragt. Meine Antworten waren die für den Vorstand interessantesten. Meine Antwort an den Vorstand war folgende: Wenn man ausschließlich kurzfristig finanziert ist, wenn man keinerlei Finanzierungsicherheiten in Form von Laufzeiten und Kreditzusagen hat, dann kann es passieren, dass eine Bank unvermittelt und ohne eigenes Zutun einem Unternehmen die Freundschaft kündigt. Ich habe ihnen – auf Basis der mir übermittelten Fakten – meine Meinung zum Status quo als Banker mitgeteilt, mögliche Alternativen und deren mögliche Ergebnisse skizziert. Damit lag der Ball bei Euronics. Sie mussten sich die Frage stellen: „Tragen wir dieses Risiko weiter und hoffen darauf, dass sich die Lage wieder beruhigen wird oder sind wir bereit neue Schritte zu wagen?“.
Worin bestand dabei das größte Risiko aus Kundensicht?
Dass die gesamte Finanzierungsstruktur in Frage gestellt wird und die Firma ab sofort ohne ausreichende Working Capital-Finanzierung dasteht.
Das spricht für das große Vertrauen, das dir entgegengebracht wurde. Wie ging es dann weiter?
Ich habe einen sehr umfangreichen Fragen- und Unterlagenkatalog angefordert. Jeder im Finanzbereich der Euronics-Gruppe war für die Beantwortung gefragt. Diesen habe ich über einen Zeitraum von etwa ein bis zwei Monaten ausgewertet und aus diesen Erkenntnissen einen ersten Finanzierungsvorschlag diskutiert. Im ersten Schritt habe ich alle Bankenvertreter an einen Tisch geholt. Wir haben intensiv den aktuellen Sachstand diskutiert und einen Ausblick auf die nächsten Jahre skizziert. Dabei wurde nicht nur der Finanzbereich, sondern das komplette Management, Vertrieb, Marketing und Einkauf einbezogen, um den Banken das Geschäftsmodell von Euronics detailliert an die Hand zu geben. Und siehe da: Obwohl einige Banken mit Euronics schon seit vielen Jahren in Verbindung standen, wussten sie erschreckend wenig über deren Geschäftsmodell. Das war ein Meilenstein im Prozess: Wir haben alle Bankpartner auf denselben Wissensstand gehoben. Von nun an wusste jeder wie die Unternehmensgruppe funktioniert und die Finanzierungsstruktur im Detail aussieht.
Wie haben die Bankpartner reagiert?
Die Banken kamen auf Euronics zu und haben ihr Verständnis dafür bekundet, dass die laufende Finanzierungsstruktur nicht mehr zeitgemäß ist und haben verstanden, dass auch sie als Banken selbst bereit sein müssen, eine andere Finanzierungsstruktur anzustreben, um für Euronics und für die Banken gemeinsam eine Absicherung der Finanzierung für die Zukunft darzustellen. Jede Bank wurde aufgefordert auf Basis der umfangreichen Unterlagen ein Angebot zu erstellen.